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12. März 2021

Praxistest Opel Insignia ST: Der liefert, was er verspricht

Der Insignia ist Opels bestes Stück. Die Limousine, die mit knapp fünf Meter Länge beinahe schon über die Mittelklasse hinauswächst, kann auf berühmte Vorgänger zurückblicken: Kapitän, Admiral und Diplomat gereichten den Rüsselsheimern in ihren erfolgreichsten Jahren zur Ehre. Aber auch die Kombis, die früher den treffenden Namen Caravan trugen (aus dem englischen: Car and Van,) waren beinahe schon ein Synonym für die Marke mit dem Blitz. Heute heißen die geräumigen Kombi-Versionen Sports Tourer, mit denen man nicht nur zum Baumarkt oder Wertstoffmarkt, sondern auch zum Golfclub fahren darf.

Im Zuge der sanften Überarbeitung der Spitzenbaureihe im vergangenen Jahr verstärkt nun eine weitere Motorvariante die Benziner-Fraktion. Der bislang als einziges Otto-Triebwerk angebotene Zweiliter-Turbo mit 200 PS (147 kW) bekommt Gesellschaft von einer geringfügig leistungsärmeren Maschine, die es auf 170 PS (125 kW) bringt. Beim Drehmoment geben sich die beiden nichts, 350 Newtonmeter liefern sie gleichermaßen. Auch sorgt in beiden Modellen eine Wandler-Automatik mit neun Stufen für die Kraftübertragung. Zwischen beiden Versionen liegt eine Preisdifferenz von rund 1750 Euro. Wie sich der Einstiegsbenziner schlägt, haben wir auf der Kurz- und Langstrecke ausgiebig erfahren können.

Um zehn Zentimeter streckt sich der Kombi im Vergleich zur viertürigen Limousine in die Länge, 4,99 Meter lautet das Maß. Breit ist der Insignia auch, 1,86 Meter ohne Außenspiegel, 2,09 Meter mit. Das üppige Volumen kaschieren dreidimensionale Ausformungen der Flanken und der flache Dachkantenspoiler, er trägt zum ausgezeichneten Luftwiderstandbeiwert von 0,25 cW bei. Der große Überhang hinten schiebt den Sports Tourer optisch an und durch ihn gewinnt der Kombi seinen Längenzuwachs. Der Radstand bei der Karosserievarianten ist hingegen identisch.

Munter von Frankfurt nach Füssen

Der Opel belässt es ob seines Volumens nicht bei Ankündigungen, sondern liefert. Fahrer und Beifahrer hocken auf ausgezeichneten, von der Aktionsgemeinschaft Gesunder Rücken prämierten Sitzen, was auf einer nur von zwei kurzen Stopps unterbrochenen Fahrt von Frankfurt nach Füssen zu einer erstaunlichen Munterkeit bei der Ankunft führte. Das Raumgefühl ist formidabel. Das gilt auch für den Fond, wo auch drei Passagiere vorübergehend ohne Kuschelzwang Platz nehmen können. Knie und Füße können sie entspannt ohne Berührung der Vordersitzlehnen bewegen, Schultern und Kopf ecken nirgends an, auch das Ein- und Aussteigen ist dank weit öffnender Türen eine einfache Übung.

Der Kofferraum schnappt sich mindestens 560 Liter. Wer mit mehr als zwei Passagieren unterwegs ist und dachhoch beladen will, muss ein Sicherungsnetz aufspannen. 1665 Liter passen zwischen Heckklappe und Vordersitze, wenn die Rückbank umgelegt wurde, was ebenfalls leicht und mit einer Hand gelingt. Der Laderaumboden ist topfeben, ein Zwischenboden unter dem hinteren Teil nivelliert die Fläche. Die Ladekante liegt gerade mal 61 Zentimeter über dem Asphalt. Schweres Gepäck muss also nicht in schwindelnde Höhe gehievt werden und lasst sich dann leicht in den Innenraum schieben. Auch mit der Zuladung hat der Insignia ST keine Schwierigkeiten, 565 Kilogramm sind erlaubt, bevor sein Gewichtslimit von 2160 Kilogramm erreicht wird. Und wo wir beim Vielfachnutzen sind, auch die Anhängelast von 2000 Kilogramm geht mehr als in Ordnung. Twin-Transporter fürs Pferdepärchen oder auch ein veritables Motorboot dürfen so angekuppelt werden.

Kuschlig wie ein Sanso-Schäfchen

Der neue Benziner gibt sich sanftmütig und anschmiegsam wie ein Sanso-Schäfchen. Gestartet wird er per Knopfdruck und ist akustisch völlig unauffällig. Knurrig wird er nur in seinen Grenzbereichen, unterhalb von 1500 Umdrehungen in der Minute und jenseits von 5000U/min, zum Krawallmacher jedoch auch dann nicht. Die Antrittsstärke ist beeindruckend, weit entfernt vom Sportwagenniveau, aber doch überaus erfreulich. Die samtig schaltende Automatik lässt ruckfreies Beschleunigen zu. 8,7 Sekunden dauert der Sprint von 0 auf 100 km/h. Übermäßig laut wird der Sports Tourer auch bei Höchstgeschwindigkeit nicht, selbst bei Tempo 225 sind noch Gespräche ohne erhobene Stimme möglich.

Weniger gut sieht es beim Verbrauch aus. Während der alte NEFZ-Zyklus noch schlanke 6,6 Liter Treibstoff auf 100 Kilometer verspricht, ergibt die WLTP-Messmethode bereits 7,5 Liter. Auf unseren Wegen war der Opel-Kombi noch eine Spur konsumfreudiger und landete im Durchschnitt bei 7,8 Liter Benzin für die Standard-Distanz. Mit dem Diesel kann der Ottomotor eben nicht mithalten. Er wäre im Grunde die bessere Maßnahme als alle Elektrifizierungen gewesen, die CO2-Kurve kurzfristig weniger stark steigen zu lassen. 62 Liter passen in den Treibstofftank, das reicht dem Benziner für beinahe 800 Kilometer Reichweite.

Vorbildliches Fahrverhalten

Für das Fahrverhalten des Kombis bekommt Opel das Prädikat vorbildlich. Der Insignia unterstützt seinen Chauffeur nach Kräften und macht das Reisen angenehm und entspannt. In der Stadt mangelt es jedoch an Übersichtlichkeit. Die Federung ist dagegen überaus komfortabel und dennoch kein Weichei. Karosserieneigungen halten sich in Grenzen, zumindest, wenn der Kombi für knapp 1000 Euro mit dem adaptiven Fahrwerk Flex-Ride ausgerüstet ist. Kurven nimmt der Sports Tourer mit Schwung und bleibt dank der gelungenen Abstimmungen und der präzisen Lenkung gut kontrollierbar auf Kurs. Die Kunst der Fahrwerksauslegung ist kein Geheimnis am Untermain. Die Bremsen überzeugen ebenfalls mit zunächst weichen und mit wachsendem Pedaldruck zunehmend strafferen Zugriff.

Unaufgeregtes Fahren unterstützt obendrein die einfache Bedienbarkeit von Opels Flaggschiff. Viele der serienmäßigen Assistenten lassen sich über direkten Tastendruck und nicht erst über umständliche Untermenüs einschalten oder deaktivieren. Das Infotainmentsystem mit acht Zoll großem berührungssensitiven Bildschirm gehört zur Serienausstattung. Apple CarPlay und Android Auto, eine Freisprecheinrichtung und die Wiedergabe von Videos oder Musik per USB-Anschlüssen sind ebenfalls an Bord.

Wer das Multimediasystem Navi Pro bestellt, bekommt zusätzlich eine Navigation per SD-Karte mit Echtzeitverkehrsinformationen und DAB-Radioempfang (DAB+). Die kabellose Ladestation ist ebenfalls immer dabei. Die Nacht zum Tag macht das LED-Pixel-Fahrlicht und beschert damit einen relevanten Sicherheitsgewinn, der allerdings auch rund 1800 Euro Aufpreis fordert.

Fazit: Geradlinig und ohne Schrulligkeiten

Der Insignia ist auch als Sports Tourer ein weithin unterschätztes Angebot in der gehobenen Mittelklasse. Eine umfangreiche Ausstattung (Business Innovation), seine ausgewogenen und leicht beherrschbaren Fahreigenschaften und eine hohe Praxistauglichkeit machen ihn zum tauglichen Begleiter auf nahezu allen Wegen, nicht nur für die Geschäftskunden, die Opel gerade mit dieser Variante im Blick hat. Er hat das Format eines klassischen Automobils und ist dennoch auf der Höhe der Zeit. Beinahe wohltuend, dass es Fahrzeuge wie ihn gibt, die jenseits allen Crossover-Designs und stilistischen oder technischen Schrulligkeiten nur eines sein wollen: ein solider Partner in allen Verkehrslagen und jedweder Transportaufgabe. (ampnet/mk)


Daten Opel Insignia Sports Tourer 2.0 DI Turbo 170 PS

Länge x Breite x Höhe (m): 4,99 x 1,94 x 1,50
Radstand (m): 2,83
Motor: R4-Benziner, 1998 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 125 kW / 170 PS bei 4250 U/min
Max. Drehmoment: 350 Nm bei 1500 U/min
Höchstgeschwindigkeit 225 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,7 Sek.
NEFZ-Durchschnittsverbrauch: 6,6 Liter
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 7,5 Liter
Testverbrauch: 7, 8 Liter
Effizienzklasse: B
CO2-Emissionen: 170 g/km (Euro 6d)
Leergewicht / Zuladung: min. 1595 kg / max. 565 kg
Kofferraumvolumen: 560 - 1665 Liter
Max. Anhängelast: 2000 kg
Wendekreis: 11,7 m
Bereifung: 245/45 R 18
Luftwiderstandsbeiwert: 0,25
Wartungsintervalle: 20 000 km
Garantie: 24 Monate
Basispreis: 40.800 Euro
Testwagenpreis: 44.300 Euro

(Quelle: Auto-Medienportal ampnet)


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