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14. November 2023

Fahrbericht Hyundai Ioniq 6: Koreanischer Konsumverächter

Es macht „Bing, Bing, Bing“ sobald sich der Kofferraumdeckel elektrisch öffnet oder wieder verschließt. Dann macht es wiederum „Piep, Piep, Piep“ sobald der Fahrer auch nur ein paar Kilometer zu schnell durch die City gleitet. Die vielen Warntöne, im Hyundai Ioniq 6 können einem so manches Mal richtig auf den Geist gehen. Auf anderen Kontinenten wie etwa in Asien oder den USA mag das ständige Gebimmel ja noch Sinn machen, aber hier in Europa braucht und will das keiner.

Dabei ist der Ioniq kein schlechtes Auto, sondern sogar ein sehr gutes und zumindest für die nervtötenden Warnhinweise beim Übertreten der Geschwindigkeit kann der flache Stromer nichts. Schließlich ist der bevormundende „Speedlimiter“ in der EU inzwischen für jeden Neuwagen Pflicht. Allerdings: Wer den Geschwindigkeitsassistenten im Hyundai abschalten möchte, muss ihn nach jedem Neustart zunächst auf dem Touchscreen deaktivieren, was aber beim Ioniq 6 leider gleichzeitig auch zum Abschalten der Verkehrsschilderkennung führt. Immerhin ist Hyundai die Problematik bekannt und da die eifrigen Koreaner in einem rasanten Tempo arbeiten, kehrt vielleicht schon bald mit einem Update oder einem Facelift Ruhe ein.

Haushalt mit Strom versorgen

Der Ioniq 6 ist der Bruder des Ioniq 5 und teilt sich mit ihm die Technik samt dem bekannten 800-Volt-Bordnetz. Dadurch kann er, genauso wie sein Bruder, Gleichstrom im Eiltempo tanken. So sind die 77,4 kWh starken Akkus an einer Schnellladestation mit 350 kW in gut 18 Minuten von zehn bis 80 Prozent wieder befüllt. Darüber hinaus kann der Hyundai bidirektional laden und mit seinem nicht benötigten Strom den eigenen Haushalt versorgen oder beim Camping den Elektrogrill heizen.

Anders jedoch als bei seinem kantig geformten Bruder, duckt sich die 4,86 Meter lange Karosserie wesentlich flacher auf den Asphalt. Außerdem wurde sie mit reichlich Spoilerwerk besonders windschlüpfrig geformt. Daher liegt der cw-Wert des Ioniq 6 auch nur bei geringen 0,21, was sich positiv auf den Verbrauch sowie die Reichweite auswirkt: Nur 14,3 kWh verspricht Hyundai nach der WLTP-Norm, was einem Aktionsradius von bis zu 614 Kilometern entspricht.

Überaus sparsam

Unser Testwagen, der mit serienmäßiger 18-Zoll-Bereifung bestückt war, lag mit einem Durchschnittsverbrauch von 15,4 kWh zwar geringfügig höher, trotzdem gilt selbst dieser Wert noch als überaus sparsam. Das klingt nach einem neuen Verbrauchsrekord unter den Elektroautos. Insbesonders wenn man berücksichtigt, dass der Ioniq satte 168 kW (229 PS) leistet und knapp zwei Tonnen wiegt. Bei so einem geringen Energiekonsum kann selbst so manch schwächerer und kleinere Stromer nicht mithalten. Das ist schon richtig lobenswert.

Der Hyundai bringt seine Leistung kraftvoll auf die Straße, und das von Anfang an bereitstehende Drehmoment von 350 Newtonmetern sorgt für weitere beruhigende Reserven. Dabei rollt der straff abgestimmte Ioniq 6 sehr leise ab und federt recht komfortabel. Abgerundet wird der positive Eindruck von einer leichtgängigen sowie präzise ansprechenden Lenkung.
In Innenraum blickt der Fahrer auf ein 12,25 Zoll großes Kombiinstrument, rechts daneben befindet sich der ebenfalls 12,25 Zoll große Touchscreen für das Multimediasystem. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase lässt sich das Infotainment intuitiv bedienen, für weitere Funktionen, wie etwa die Klimatisierung, stehen erfreulicherweise noch genügend physische Schalter und Knöpfe zur Verfügung.

Nachhaltige Materialien

Bei den verwendeten Materialien setzt Hyundai auf Nachhaltigkeit. So enthält das Cockpit Anteile aus Bio-Kautschuk, an den Sitzpolstern sowie am Dachhimmel kommen recycelte PET-Flaschen zum Einsatz und der Teppichboden besteht aus recycelten Fischernetzen. Das Platzangebot in der ersten Reihe fällt üppig aus. Gegen Zuzahlung von 1900 Euro thronen der Fahrer und Beifahrer auf so genannten Relax-Sitzen. Das bequeme Mobiliar surrt per Knopfdruck elektrisch in die Liegeposition, damit die beiden Vornesitzenden bei einem Ladestopp ein kurzes Nickerchen einlegen können.

Im Fond freuen sich die Mitreisenden über eine fürstliche Beinfreiheit. Allerdings sollten die Gäste hinten nicht größer als 1,85 Meter sein, ansonsten bekommen deren Köpfe leicht mit der nach hinten abfallenden Dachlinie in Kontakt. Auch das Be- und Entladen des 401 Liter großen Kofferraums fällt einem nicht leicht, da zum einen die Ladeöffnung klein ausfällt und die Ladekante recht hoch liegt.

Preislich beginnt der Hyundai Ioniq 6 bei 48.900 Euro. Darin enthalten ist eine achtjährige Garantie aufs Auto sowie für die Hochvolt-Batterie. Der gefahrene Testwagen startet in Verbindung mit dem nahezu vollausgestatteten Uniq-Paket bei 60.200 Euro. 

Daten Hyundai Ioniq 6

Länge x Breite x Höhe (m): 4,86 x 1,88 x 1,50
Radstand (m): 2,95
Antrieb: Elektromotor (PSM), RWD, 1-Gang-Getriebe
Leistung: 168 kW / 229 PS
Max. Drehmoment: 350 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,4 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 14,3 kWh
WLTP-Reichweite: 614 km
Testverbrauch: 15,4 kWh
Batteriekapazität: 77,4 kWh
Leergewicht / Zuladung: min. 1985 kg / max. 425 kg
Kofferraumvolumen: 401 Liter + 45l (Frunk)
Max. Anhängelast: 1500 kg
Fahrzeuggarantie: 8 Jahre / 160.000 km
Batteriegarantie: 8 Jahre / 160.000 km
Basispreis: 48.900 Euro
Testwagenpreis: 60.200 Euro

(Quelle: Guido Borck, cen)


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