07. September 2025
Praxistest Xpeng G6: Lademeister mit Premium-Anspruch
X was? Ja richtig: Peng. Das ist eine weitere China-Marke, die sich mit Elektroautos über den europäischen Markt hermacht. Und doch ist hier vieles anders. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Guangzhou, an dem die Volkswagen Group mit fünf Prozent beteiligt ist, hat im eigenen Haus fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme und ein intelligentes Bediensystem sowie den Antriebsstrang und die elektrische Architektur entwickelt. Und die kann sich mehr als sehen lassen, wie der Xpeng G6 Long Range beweist.
Das Mittelklasse-SUV mit einer Länge von 4,75 Metern und kostet in der heckgetriebenen Long Range-Version 47.600 Euro. Dafür gibt es eine Hochvoltbatterie mit 87,5 kWh einen 210 kW (286 PS) starken Elektromotor an der Hinterachse, der aus dem Stand 440 Newtonmeter Drehmoment mobilisiert. Damit beschleunigt der unbeladen 2,02 Tonnen schwere Viertürer in 6,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h, das Spitzentempo begrenzt die Elektronik auf 200 km/h.
Die Fahrleistungen sind also souverän, doch wie sieht es mit der Reichweite aus? Bei moderater Fahrweise begnügt sich die E-Maschine mit einem Konsum von deutlich unter 20 kWh auf 100 Kilometer, gut 400 Kilometer sind also auch bei ungünstigen Rahmenbedingungen mindestens möglich. Wer bei milden Außentemperaturen seinen rechten Fuß nur mäßig aufs Pedal drücken lässt, schaffte auch locker 500 Kilometer bis zum nächsten Nachladen.
Dann aber spielt der G6 seine wahre Überlegenheit aus. Der Antrieb arbeitet mit 800 Volt Spannung, was den Ladevorgang erheblich verkürzt. An den schnellen Säulen von Aral Pulse haben wir einen Ladepeak von 273 kW notiert, im Durchschnitt lag die Ladeleistung zwischen zehn und 80 Prozent Batteriekapazität bei knapp 200 kW. Für andere Elektriker ist das ein unerreichbarer Wert. In unserem Fall genügten 18 Minuten, um den Akku-Stand von 17 auf 88 Prozent zu bringen, gerade genug um zwei Anrufe zu erledigen und einen Kaffee an der Tankstelle zu genießen.
Und Xpeng hält noch andere Überraschungen bereit. Wer nach dem Fernentriegeln des G6 einen Startknopf sucht, der das System in Gang bringt, sucht vergebens. Der Wagen startet automatisch fernbedient, genauso selbstständig fährt das System herunter, wenn der Wagen nach dem Verlassen verriegelt wird. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Wir haben danach immer mal wieder von außen auf den fast 20 Zoll großen Zentralmonitor geblickt, ob er sich wirklich verdunkelt hat. Ohnehin wird das Elektro-SUV nahezu knopflos bedient. Einzig am kleinen und handschmeichlerisch bezogenenen Lenkrad finden sich Fernbedienung für die Audioanlage und die Sprachsteuerung. Die funktioniert nicht immer fehlerfrei. Auf die Ansprache „Hey Xpeng“ erscheint eine Figur auf dem Mitteldisplay und fragt nach den Wünschen des Fahrers. Auf den Befehl „Ladeklappe öffnen“ schnurrt elektrisch betrieben der Kofferraumdeckel nach oben. Vielleicht haben wir genuschelt, aber auf das Kommando „Kofferraumklappe schließen“ wird uns mitgeteilt „Xpeng weiß nicht, wie das geht“. Also aussteigen und auf den Knopf im Rahmen der offenen Klappe drücken, den es immerhin noch gibt.
Der Verzicht auf Armaturen, Schalter und Knöpfe bringt eine äußerst aufgeräumte Atmosphäre in den Innenraum. Die Armaturentafel ohne Armaturen ist mit angenehmen textilen Stoffen bezogen, glatte Flächen, sanfte Radien und eine rundum tadellose Verarbeitung überzeugen. Die Sitze lassen sich nicht nur beheizen, auch eine Belüftung ist dabei. Ohnehin glänzt der Xpeng mit einer Vollausstattung. Unter anderem gehören das schlüssellose Zugangssystem, das Panoramadach, die elektrische Sitzeinstellung, das beheizbare Lenkrad und die zahlreichen Assistenzsysteme wie der Kollisionswarner, der Brems- und der Spurhalteassistent, die Verkehrszeichenerkennung und der Türöffnungswarner. Auch die 20-Zoll-Leichtmetallräder, eine 3,3-kWh-Steckdose mit 230 Volt Wechselstrom, zwei belüftete Schalen auf dem Mitteltunnel, in denen Handys mit 50 Watt induktiv geladen werden können und kleine Tasten an den Türen, mit denen sie sich elektromechanisch öffnen lassen, gehören dazu. Als einziges Extra in der Ausstattungsliste wird die elektrisch schwenkbare Anhängekupplung geführt, die 1160 Euro kostet.
Fahren lässt sich der G6 mit großer Entspannung. Seine Leistung entfaltet der Antriebsstrang nicht aufdringlich, sondern mit sanftem Nachdruck. Nach der Modellpflege im vergangenen Frühjahr ist die Federung in Richtung Komfortgewinn modifiziert worden, Lenkung und Bremsen agieren nicht unbedingt mustergültig, aber die Längsdynamik in Kurven liegt auf hohem Niveau und verspricht dem, der will, angemessenen Fahrspaß. Einzig der Wendekreis von 11,6 Metern macht das Rangieren aufwändiger als bei der Konkurrenz. Wohlbemessen ist dagegen die Zuladung, 528 Kilogramm schafft der G6, die Anhängelast von 1500 Kilogramm ist guter Klassendurchschnitt.
Die Platzverhältnisse der sanftgerundeten, futuristischen Karosserie sind beachtlich, nicht nur für die Passagiere, sondern auch für das Gepäck. Vorne sitzen Fahrer und Beifahrer auf ausgeformtem (Kunst-)Ledergestühl, hinten herrscht eine ausgezeichnete Beinfreiheit und trotz des coupéartig abgeschrägten Dachs leiden selbst für große Mitfahrer nicht unter Berührungsängsten. In den Kofferraum passen 480 Liter, wer die asymmetrisch geteilten Rücksitzlehnen nach vorne klappt (was überraschenderweise nicht elektrisch unterstützt wird), kann bis zu 1250 Liter einladen. Der gewaltige Akku fordert eben seinen Tribut am Volumen.
Der Preis des chinesischen Elektrikers ist durchaus günstig und attraktiv. Wer bei anderen Marken eine vergleichbar üppige Ausstattung bestellt, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Und dass der Hersteller neben den üblichen acht Jahren auf die Batterrie auch noch sieben Jahre Garantie auf das Fahrzeug gibt, ist ein weiteres Kaufargument.
Technische Daten Xpeng G6 Long Range
Länge x Breite x Höhe (m): 4,75 x 1,92 x 1,65
Radstand (m): 2,89
Antrieb: E-Motor, 1-Gang-Getriebe, RWD
Leistung: 210 kW / 286 PS
Max. Drehmoment: 440 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,7 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 17,5 kWh
Batteriekapazität: 87,5 kWh
WLTP-Reichweite: 570 km
Leergewicht / Zuladung: min. 2025 kg / max. 528 kg
Wendekreis (m): 11,6
Kofferraumvolumen: 480–1475 Liter
Max. Anhängelast: 1500 kg
Basispreis: 47.600 Euro
(Quelle: Michael Kirchberger, cen)