30. Juli 2025
Praxistest Skoda Octavia Combi: Zwischen Vernunft und Verlockung
Es gab mal eine Zeit, da stand der Skoda Octavia Combi für clevere Kompromisse. Mit viel Auto fürs Geld, vernünftiger Technik und unaufgeregtem Komfort war das tschechische Raumwunder stets die clevere Alternative zum deutschen Premium-Establishment. Doch der frisch überarbeitete Bestseller will inzwischen mehr sein als der pragmatische Alltagsheld. Und in der Praxis zeigt sich: Der Octavia bleibt zwar stark in seinen Kernkompetenzen, entfernt sich aber zunehmend von seinem einstigen Image als Preis-Leistungs-Wunder.
Dabei scheint zunächst alles vertraut. Die optischen Änderungen der jüngsten Überarbeitung sind marginal. Neue Schürzen, schmalere Scheinwerfer, ein bisschen Feinschliff hier und dort – das Facelift verlangt den Augen keine große Umgewöhnung ab. Gut so, denn das Design war schon vorher schlüssig, funktional und gefällig.
Anders im Innenraum. Der Octavia ist digitaler geworden – und das merkt man sofort. Zwei Bildschirme sind serienmäßig, optional gibt’s sogar ein 13-Zoll-Display, das mit flotter Reaktion, gutem Aufbau und brauchbarer Sprachbedienung glänzt. Aber auch: viel Ablenkung, wenn man schnell mal etwas ändern möchte. Zum Beispiel die Temperatur. Wer das ohne den Sprachassistenten („Hallo, Laura“) regeln will, fingert sich durch Menüs oder nutzt unbeleuchtete Touch-Leisten. Immerhin: Die wichtigsten Funktionen sind fix im unteren Displaybereich verankert – ein Entgegenkommen, aber kein Ersatz für echte Knöpfe. Skoda hat sich hier im VW-Konzernregal bedient und damit ein Stück Bedienlogik geopfert.
Ansonsten besticht das Interieur mit Klarheit. Die Materialien wirken hochwertig, die Verarbeitung durchweg solide. Natürlich gibt es Hartplastik, aber so geschickt eingesetzt, dass es nie billig wirkt. Die auf Wunsch belüfteten Sitze bieten erstklassigen Langstreckenkomfort, hinten freuen sich die Passagiere über USB-C-Anschlüsse mit Schnellladefunktion, ausklappbare Sonnenrollos, eine kleine Flaschenbox zwischen den Sitzen sowie eine eigene Klimazone und Sitzheizung – sofern man das Winterpaket gebucht hat. Generell gilt: Viele der Komfortextras gibt’s nur gegen Aufpreis oder in teuren Paketen. Doch dazu später mehr.
Immer serienmäßig dagegen das überragende Raumangebot, das der Octavia Combi wie kein zweiter zu bieten hat. 640 Liter Kofferraum öffnen sich in der Standardkonfiguration hinter der elektrischen Heckklappe, bei umgelegter Rückbank sogar bis zu 1700 Liter. Die niedrige Ladekante, ein variabler Ladeboden, praktische Netze und Trennwände machen das Beladen zum Kinderspiel. Und wer Kinder hat, wird die drei Kindersitzplätze im Fond ebenso schätzen wie die integrierten Rollos und die drahtlos beheizbare Frontscheibe.
Auch fahrtechnisch bleibt der Octavia seinem Wesen treu. Einsteigen, losfahren und sich auf Anhieb wohlfühlen – so lässt sich der Fahreindruck des 1.5 TSI-Vierzyinders mit Mildhybrid-Technik und Zylinderabschaltung wohl am besten beschreiben. Der Turbo-Benziner arbeitet mit 150 PS nicht spektakulär, aber äußerst souverän, kultiviert und durchzugsstark. Dank 250 Newtonmetern Drehmoment ab 1500 Umdrehungen schiebt er den Octavia sanft und unaufgeregt voran. Das Siebengang-DSG sortiert die Gänge ohne Gezappel und der Mildhybrid-Startergenerator erzeugt beim Anfahren ein kleines Elektropolster, das vor allem im Stadtverkehr punktet. Und die Zylinderabschaltung arbeitet ebenso unbemerkt, dass man sie nur im Bordcomputer-Display erkennen kann.
Dabei entsteht zugleich eine beeindruckte Laufruhe des Antriebs. Selbst bei flotter Fahrt bleibt der Motor dezent im Hintergrund, dreht nie unnötig hoch und geht sparsam mit dem Sprit um. Im Schnitt pendelte sich unser Testwagen im Schnitt bei 5,6 Litern pro 100 Kilometer ein – durchaus respektabel für ein 4,60 Meter langes Fahrzeug mit Automatikgetriebe. Wer das Gaspedal streichelt und das Auto rollen lässt, kann auch problemlos auf 5,0 Liter kommen. Möglich macht das die Zylinderabschaltung, die bei gleichmäßiger Fahrt zwei Zylinder deaktiviert und beim Segeln schaltet sich der Verbrenner komplett aus. Man bemerkt davon nichts.
Auch die Abstimmung des Fahrwerks ist gut gelungen: nicht zu weich, nicht zu hart. Die Federung nimmt kleine Unebenheiten gelassen, bei schneller Autobahnfahrt bleibt der Octavia satt auf der Straße. In schnellen Kurven neigt sich die Karosserie ein wenig, aber nie unangenehm. Vielmehr fährt sich der Kombi dank der präzisen Lenkung überraschend agil. Auch bei der Geräuschdämmung lässt Skoda nichts zuschulden kommen: Kein Klappern, kein Dröhnen, nur auf grobem Pflaster dringt ein leichtes Rollgeräusch in den Innenraum.
Doch wer all diese Qualitäten heute genießen will, zahlt dafür. Und zwar deutlich mehr als früher. 36.860 Euro kostet der Octavia Combi 1.5 TSI mHEV mit DSG-Automatik in der „Selection“-Ausstattung laut Liste. Unser Testwagen, gespickt mit dem Infotainment Plus-Paket inklusive großem 13-Zoll-Touchscreen und Head-up-Display, Assistenz- und Winterpaket sowie glanzgedrehten 18-Zoll-Alu-Felgen kratzt an der 51.000-Euro-Grenze. Für einen Octavia mit 150 PS, ohne Allrad, elektronische Dämpfer oder Matrix-Licht? Für viele ist das nicht mehr „Simply Clever“, sondern einfach nur teuer.
So bleibt unterm Strich ein ambivalentes Bild: Der Octavia Combi ist und bleibt ein hervorragend gemachter Allrounder. In der getesteten Version mit 150-PS-Mildhybrid fährt er entspannt, sparsam und solide. Das Fahrverhalten passt zum Nutzwert, der Preis jedoch nicht mehr ganz zur Philosophie. Der Octavia Combi läuft – und wie. Ob er damit aber auch weiterhin alle erreicht, die ihn einst groß gemacht haben, steht auf einem anderen Daten-Blatt.
Daten Skoda Octavia Combi Selection 1,5 TSI mHEV
Länge x Breite x Höhe (m): 4,70 x 1,83 x 1,47
Radstand (m): 2,69
Antrieb: R4-Turbobenziner mit Startergenerator, 1498 ccm, FWD, 7-Gang-DSG-Automatik
Leistung: 150 PS /110 kW bei 5000 U/min
Max. Drehmoment: 250 Nm bei 1500–3500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,6 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 5,1 – 5,5 Liter
CO2-Emissionen: 115-124 g/km
Leergewicht / Zuladung: min. 1403 kg / max. 582 kg
Kofferraumvolumen: 640–1700 Liter
Max. Anhängelast: 1500 kg
Basispreis: 36.860 Euro
Testwagenpreis: 50.620 Euro
(Quelle: Frank Wald, cen)