Praxistest Nissan Ariya e-4orce: Der Spätstarter

Nissan gehört zu den Pionieren der Elektromobilität. Im Jahr 2011 wurde der Leaf als erstes Elektromodell zum europäischen Auto des Jahres befördert, und das Kompaktmodell entwickelte sich schnell zum meistverkauften E-Mobil. Doch dann geschah zunächst nichts. Der Leaf blieb ein Einzelkämpfer im Nissan-Angebot und musste die Bühne bald Konkurrenzmodellen überlassen. Am 15. Juli 2020 schließlich wurde der Ariya vorgestellt, der Ende 2021 auf den europäischen Markt rollen sollte, doch dann kam die weltweite Halbleiterkrise, und die Einführung verzögerte sich auf Anfang 2022.

Um sich vom Rest der SUV-Gemeinschaft abzuheben, wählten die Nissan-Kreativen eine elegante und fast schon futuristisch wirkende Coupé-Silhouette mit vielen geschwungenen Linien. Die Frontpartie wird lediglich durch die Lufteinlässe und die flachen Schweinwerfer neben dem wuchtigen Grill unterbrochen und vermittelt dem Crossover einen markanten Eindruck. Die geschwungenen Linien enden nach 4,59 Meter in einem coupéhaften Heck. Im Innenraum setzt sich die Designsprache fort. Dank der fehlenden Mittelkonsole entsteht ein großzügiger Innenraum, der weder den Menschen hinter dem Lenkrad oder den Passagier einengt. Die beiden Vornesitzenden blicken auf eine Informationszentrale, die sich über zwei 12,3 Zoll große Monitore erstreckt. Ein großes Head-up-Display (Serie im Evolve Pack) macht den Blick auf die Bildschirme überflüssig.

Im Cockpit verzichteten die Nissan-Entwickler auf klassische Bedienelemente. Lediglich die Klimaanlage lässt sich konventionell einstellen. Wobei die Schaltflächen erst auftauchen, wenn der Ariya gestartet ist. Das Menü ist als Ausgleich für die fehlenden analogen Elemente übersichtlich strukturiert, und viele Einstellungen lassen sich mit einem freundlichen „Hallo Nissan“ steuern. Als Unterstützung, um Dienste wie Navigation und Unterhaltung zu bedienen, vertraut Nissan auf Amazons Alexa, was die Zuverlässigkeit deutlich verbessert. Echte Regler für die Laustärke und Tasten sind im Lenkrad platziert. Neben den hochwertigen Materialien kommt auch viel Hartplastik ins Spiel, um Gewicht zu sparen. Der Ariya bringt trotzdem 2259 bis 2315 Kilogramm auf die Waage.

Im gefahrenen Allradmodell e-4orce mit Evolve Pack treibt ein 225 kW (306 PS) starker Motor die vier Räder an. Mit der verbauten 87 kWh-Batterie verspricht Nissan 498 bis 513 Kilometer Reichweite. Tatsächlich kommt der Ariya mit einer Akku-Ladung rund 400 Kilometer weit, wenn der Mensch hinterm Lenkrad seinen rechten Fuß in Zaum hält und darauf verzichtet, allzu oft die Höchstgeschwindigkeit (200 km/h) und die Beschleunigung (0 bis 100 km/h in 5,7 Sekunden) abzurufen. Dann bleibt auch der Verbrauch in den von Nissan versprochenen Grenzen. Als maximale Ladegeschwindigkeit kommen 130 kW ins Spiel, sodass der Akku nach einer guten halben Stunde wieder aufgeladen ist.

Einmal in Fahrt zeigt der Ariya seine angenehmen Qualitäten und beschleunigt wie alle E-Mobile aus dem Stand zügig, wobei die akustischen Begleiterscheinungen auch für ein Elektromobil erfreulich zurückhaltend ausfallen. Offensichtlich haben die Entwickler viel Wert auf eine gute Dämmung gelegt. Das Fahrwerk ist zwar straff abgestimmt, wobei der Komfort aber nicht zu kurz kommt, und dank des tiefen Schwerpunkts macht der Ariya auch auf der kurvigen Landstraße Spaß. Allerdings mutiert der Ariya nicht zu einem Kurvenräuber, und wenn notwendig greift das ESP deutlich ein.

Die Lenkung ist präzise, die Bremsen packen zuverlässig zu, und dank der Rekuperation lässt sich der eine oder andere Kilometer Reichweite zurückgewinnen. Das funktioniert vor allem im Eco-Modus, der das Temperament des Ariya in Zaum hält. Daneben stehen noch die Programme „Normal“ und „Sport“ zur Wahl. Über einen Knopfdruck lässt sich das e-Pedal aktivieren, und dann kommt man die meiste Zeit ohne die mechanische Bremse aus. Nach einer kurzen Eingewöhnung ist diese Einstellung vor allem im Stadtverkehr eine angenehme Lösung.

Die Preisliste für den Nissan Ariya beginnt bei 43.490 Euro für die Basisversion mit 160 kW (218 PS) und 63 kWh starkem Akku. Die gefahrene Variante e-4orce Evolve Pack mit Allradantrieb und 87-kWh-Batterie kostet mindestens 60.490 Euro. Für das Modell gibt Nissan eine Garantie von drei Jahren für das Fahrzeug und acht Jahre (oder 160.000 Kilometer) auf die Batterie.

Daten Nissan Ariya e-4orce Evolve Pack
Länge x Breite x Höhe (m): 4,59 x 1,85 x 1,65
Radstand (m): 2,78
Antrieb: Zwei Elektromotoren, Allradantrieb
Gesamtleistung: 225 kW / 306 PS
Max. Drehmoment: 600 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 5,7 Sek.
Batteriegröße: 87 kWh
Elektr. Reichweite: 498-513 km (WLTP)
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 19,8 -20,4 kWh
CO2-Emissionen: 0 g/km (WLTP)
Leergewicht (EU)/ Zuladung: min. 2259-2315 kg / max. 396 kg
Preis: 60.490 Euro