24. November 2025
Fahrbericht Jeep Compass: Kurs Strom aufwärts
Der wachsende Markt der Kompakt-SUV, in dem jedes vierte Auto in Europa zugelassen wird, ist konkurrenzstark. Umso wichtiger, dass der neue Compass größer, moderner und praktischer geworden ist. Mit 4,55 Metern ist er elf Zentimeter länger als sein Vorgänger, was sich unmittelbar in spürbar mehr Innenraum niederschlägt. Die Rückbank, dreigeteilt im Verhältnis 40:20:40, bietet nun vor allem im Kniebereich eine Komfortreserve, die man im alten Modell vermisste. Besonders groß fällt der Zuwachs im Gepäckabteil aus: 550 Liter Fassungsvermögen bedeuten ein Plus von 45 Litern. Für viele Käufer dürfte dieser Nutzwertgewinn relevanter sein als jeder Design-Kniff.
Aber auch auf den vorderen Plätzen bleibt der neue Compass nicht hinter diesen Fortschritten zurück. Ein digitales Kombiinstrument mit 10,25 Zoll und ein großer 16-Zoll-Touchscreen dominieren das Cockpit, in dem nur wenig an das Stellantis-typische Einerlei erinnert. Die Bedienlogik ist schnell erlernt, der Drehregler für die Gangwahl ist intuitiv, Animationen und Systemwechsel laufen flüssig, wenn auch der rot unterlegte Fahrmodus-Schalter auf der Mittelkonsole sehr demonstrativ wirkt. Verarbeitung und Materialqualität haben spürbar zugelegt und bewegen sich auf Höhe etablierter Wettbewerber wie VW Tiguan, Hyundai Tucson oder Kia Sportage.
Der Compass steht auf der STLA-Medium-Plattform des Stellantis-Konzerns, und nutzt damit die gleiche Basis wie Peugeot 3008 oder Opel Grandland. Jeep betont jedoch die eigenen Anpassungen, insbesondere in puncto Offroad-Kompetenz – auch wenn es ihn gerade nur mit Frontantrieb gibt. Die Bodenfreiheit von 20 Zentimeter und eine Wattiefe von 470 Millimeter lassen ihn immerhin leichtes Gelände und Schotterpisten als auch so manche Straßenüberschwemmung durchstaken. Das gilt zumal für die kommende Allradversion, deren 49-kW-Elektromotor an der Hinterachse ebenfalls eine Eigenentwicklung von Jeep ist. Sensoren und empfindliche Bauteile wurden für den etwaigen Offroad-Einsatz höher im Fahrzeug positioniert. Konzeptionell bleibt der Compass damit also ein Jeep – auch wenn er summt statt brummt. Auch Fahrwerksabstimmung und Geräuschdämmung wurden verbessert.
Das erfahren wir bei bei der ersten Ausfahrt in der Elektro-Version mit 157 kW (213 PS). Die fährt wenig überraschend so, wie man es von modernen Stromern kennt: spontan am Pedal, stresslos im Stadtverkehr, souverän beim Ampelstart und Überholen. Der Antritt wirkt kräftig, ohne dabei besonders sportlich zu erscheinen. 8,5 Sekunden vergehen bis Tempo 100, bei 180 km/h bremst die Elektronik ein. Unterwegs auf schlechterem Asphalt verarbeitet das Fahrwerk Kanten und Wellen ordentlich, wenn auch gelegentlich etwas straffer als erwartet. Lange Bodenwellen, unterspülte Asphaltstreifen und aggressive Tempo-30-Bremshügel, filtert der Compass zuverlässig heraus. Die Lenkung arbeitet präzise, aber ohne viel Gefühl, was bei einem Elektro-SUV dieser Klasse jedoch kaum überrascht.
Auch die verschiedenen Fahrmodi verändern das Verhalten nur minimal. Allein der Sportmodus schärft Lenkung und Pedalreaktion spürbar, alle übrigen Einstellungen sind eher Feinarbeit. Die One-Pedal-Funktion ist im Alltag gelungen umgesetzt und erleichtert das Fahren im städtischen Stop-and-go-Betrieb erheblich. Reichweitenseitig verspricht Jeep bis zu 500 Kilometer für die Fronttriebversion. Ob das im Alltag hält, hängt wie immer von Fahrstil und Außentemperatur ab, realistisch dürfte das je nach Nutzung eher darunter liegen.
Bei der Ladeleistung glänzt der Jeep mit seinem optionalen (690 Euro) 22-kW-Onboardlader. Diese dreiphasige Ladefähigkeit ist im Segment weiterhin selten und macht das Fahrzeug im Alltag flexibler, vor allem in städtischer Umgebung und Regionen, in denen AC-Laden relevanter ist als große Schnellladesäulenparks. An DC-Säulen verspricht Jeep bis zu 160 kW, was für eine Ladezeit von rund 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent ausreichen soll. Auch das ist kein Spitzenwert, aber absolut konkurrenzfähig.
Technologisch fährt der elektrische Compass nun endgültig in der ersten Reihe mit. Jeep verbaut serienmäßig ein Level-2-Assistenzpaket, das einen halbautomatischen Spurwechsel, adaptiven Abstandstempomaten und vorausschauende Geschwindigkeitsanpassung umfasst. Gleichzeitig schafft die verbesserte Geräuschdämmung – dickere Heckscheibe, neue Materialien – ein leises Innenraumklima, das man in einem robust auftretenden Kompakt-SUV nicht auf Anhieb erwarten würde. Ergänzt wird das durch eine neue Jeep-App, die Routenplanung inklusive Ladepunkten, Fernsteuerungsfunktionen und einen digitalen Fahrzeugschlüssel bietet.
Gefertigt wird das Modell weiterhin im italienischen Melfi-Werk, dem vertrauten Produktionsstandort für Jeep in Europa. 2,3 Millionen Fahrzeuge liefen dort bereits vom Band, und auch Batteriegehäuse und elektrische Komponenten entstehen vor Ort, was logistische Wege verkürzt und die Fertigung stabil hält.
Preislich positioniert sich Jeep sehr selbstbewusst. Der Einstieg mit dem e-Hybrid startet in der Basisversion „Altitude“ ab 39.900 Euro, darin enthalten LED-Scheinwerfer, Keyless-Entry, 2-Zonen-Klimaautomatik, Navisystem, 18-Zoll-Alufelgen und Metallic-Lackierung. Der vollelektrische Compass in derselben Ausstattung mit 19-Zoll-Felgen kostet 47.900 Euro. Die besonders reichhaltig bestückten First Edition-Ausführungen (u.a. Matrix-LED-Scheinwerfer, Sitz- und Lenkradheizung, Rückfahrkamera und elektrische Kofferraumklappe) kosten jeweils 42.400 Euro und 50.400 Euro. On top kommen gegen Aufpreis Komfort- und Sicherheitspakete. Damit spielt der Compass nicht gerade im preisgünstigtem Segment. Enthusiasten, die bewusst nach einem charakterstarken Modell suchen, könnten diese Positionierung akzeptieren, doch spontane Preis-Leistungs-Käufer wird der Compass damit wohl nicht automatisch gewinnen.
Daten Jeep Compass e
Länge x Breite x Höhe (m): 4,55 x 1,93 x 1,68
Radstand (m): 2,80
Antrieb: E-Motor, FWD, 1-stufiges Reduktionsgetriebe
Systemleistung: 157 kW / 213 PS
Max. Drehmoment: 345 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,5 Sek.
Energieverbrauch (WLTP): 17,5 kWh
CO2-Emissionen (WLTP): 0 g/km
Batteriegröße brutto/netto: 80/74 kWh
Ladeleistung: AC 11 -22 kW /DC 160 kW
Reichweite (WLTP): 500 km
Zuladung: min. 2185 kg
Kofferraumvolumen: 550 Liter
Basispreis: 47.900 Euro
(Quelle: Frank Wald, cen)